Faltergarten
Blütenreiche Wildwiese
Kernstück unseres Naturgartens und Lebensraum für viele Schmetterlinge
Während es noch sehr einfach ist, beispielsweise dem Zitronenfalter einen Lebensraum im Garten einzurichten, ist dies für viele Bläulingsarten oder gar Scheckenfalter weitaus schwieriger. Die "modulare" Vorgehensweise - "Wir pflanzen einen Faulbaum und voilà da ist der Zitronenfalter und legt seine Eier ab" - funktioniert hier nicht. Wir wollen in diesem Beitrag auch gar nicht versuchen, eine Anleitung zu geben, ganz bestimmte Schmetterlinge in den Garten zu locken. Diesmal fangen wir es anders herum an. Es soll eine möglichst blüten- und artenreicher Rasen angelegt werden. Der Begriff Rasen wird verwendet, wenn das "Gras" vergleichsweise kurz ist - was jedoch nicht unbedingt auf die krautige Vegetation zutreffen muss. So spricht man beispielsweise von Sandmagerrasen, Kalkmagerrasen oder Salbei-Glatthaferwiesen. Es werden eine Vielzahl verschiedener Rasen und Wiesentypen unterschieden, die je nach Standort, Untergrund, Exposition ... unterschiedliche Pflanzengesellschaften beherbergen.
Teil 1 - Motivation und Ausgangslage
Eine Wildwiese - so wollen wir diesen Teil unseres Naturgartens nun nennen - kann also nur standortabhängig unter Berücksichtigung der vor Ort herrschenden Bedingungen angelegt werden. Ich meine, ein Naturgarten ohne Wildwiese ist wie Pizza ohne Käse. Es geht und in mancherlei Kombination schmeckt es auch sehr gut. Doch die meisten Pizzen schmecken erst richtig gut mit schön Mozzarella drauf. Bevor Sie weiter lesen: Dieser Artikel beschreibt nicht, wie Sie eine "Schmetterlingswiese" von Aldi oder ähnlich ansäen. Solcherlei Samenmischungen sind für rohen Boden gedacht und es blüht genau 1 Jahr lang schön, wenn ihr viel Glück habt und die Schmetterlinge finden diese Wiesen auch nicht sonderlich attraktiv! Hier geht es darum, wie wir es wirklich richtig machen und lange Spaß an einer blütenreichen Wildwiese haben.
Wie steht es mit den Voraussetzungen in unserem Garten?
Zunächst müssen wir einmal die Ausgangslage genau unter die Lupe nehmen. Folgende Fragen müssen beantwortet werden:
- Wie viel Platz steht uns zur Verfügung?
- Wie ist die Besonnung? Wie lange scheint die Sonne auf die einzelnen Teilflächen?
- Welcher Untergrund hat die Fläche? Kalk, Sand, Ton, Lehm...
- Wie steht es mit der Nährstoffversorgung?
- Wie steht es mit der Feuchtigkeit? Eher trocken, feucht, vernässt, wechselfeucht...
- Wie durchlässig ist der Boden?
- Welche Arten leben derzeit auf der Fläche?
Diese Fragen sollten alle beantwortet werden, bevor man Maßnahmen zur Veränderung ergreift! Warum? Das ergibt sich schon aus den vielen Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen. Angefangen damit, dass wir vielleicht nur das Mähregime ändern und das Schnittgut jeweils zur Ausmagerung entfernen bis hin, dass wir 40cm tief ausschachten und den Boden austauschen um ihn neu zu bepflanzen, sind eine Vielzahl von Handlungsoptionen möglich und wir wollen es schließlich richtig machen und nicht sinnlos beschäftigen.
Ausgangslage ermitteln
Verfügbare Fläche
Beginnen wir damit, die Fläche zu bestimmen, die wir für unsere Wildwiese verwenden wollen, weil dies sehr einfach ist. Eine Mindestgröße gibt es eigentlich nicht, denn eine Nische, sei sie noch so klein, kann immer wieder von einzelnen Tieren genutzt werden. Grundsätzlich gilt, je größer, desto besser und je vielgestaltiger man die Fläche dann gestaltet je mehr Tiere und Pflanzen finden darin einen Lebensraum. Wir wollen aber auch was für's Auge haben - schließlich ist es ja auch unser Garten, in dem wir auch leben. Weniger als 10m2 Fläche sollte die Wildwiese jedoch nicht haben - darunter sind andere Gestaltungselemente evtl. schöner und zielführender. Bedenken sollten wir auch, ob und wie wir die Wildwiese noch nutzen wollen. Eine Wildwiese - je größer, desto besser - eignet sich noch hervorragend zum Spielen, so lange es nicht Fußball oder Golf sein muss. Ein Picknick in einer Wildwiese ist meinem Geschmack nach schöner, als auf dem streichholzkurz gemähten englischen Rasen. 10m2 Fläche, die ggf. in den zu anderen Zwecken genutzten, kurz geschorenen Rasen eingebunden ist, bietet schon viele Möglichkeiten, Schmetterlinge zu beobachten. Wunder darf man allerdings nicht erwarten. Man muss dabei auch bedenken, dass man eine Wildwiese niemals vollständig zur gleichen Zeit mähen sollte, da man ja ansonsten die vielen Tiere mit dem "Kahlschlag" sofort wieder vertreiben bzw. auch töten würde. Haben wir uns das nun alles gut überlegt und eine Fläche im Garten ausgewählt, dann sollten wir uns diese optisch einmal für die weitere Planung z.B. mit kleinen Stöcken markieren.
Besonnung
Die Fläche ist markiert und nun können wir beobachten, wie viele Sonnenstunden an den einzelnen Teilflächen anfallen. Das braucht nun nicht allzu wissenschaftlich abzulaufen, ist aber wichtig! Je nach Jahreszeit können wir die potentiell erreichbare Sonnenscheindauer über die Tageslänge errechnen. Wir machen es uns einfach und messen ab 1h nach Sonnenaufgang und 1h vor Sonnenuntergang. An einem Sonnentag ist das ganz einfach. Beispiel: Die Sonne geht 7h auf und 19h unter. 8h beginnen wir mit der Beobachtung - auf unserer Wiesenfläche ist aber erst 9h der erste Sonnenstrahl zu sehen. Nun scheint dort die Sonne bis ca. 15h (bis jetzt also 6h). Dann versperren Nachbars Fichten der Sonne den Weg. Die letzte Stunde vor Sonnenuntergang scheint nochmal kurz die Sonne auf die Fläche, was wir aber nicht mitrechnen. Also 6h relevante Sonneneinstrahlung bei einer Tageslänge von 12h. Da wir die erste und letzte Stunde gar nicht rechnen, sind es 10h, mit denen wir weiter rechnen: 6 / 10 = 0,6. In der dunklen Jahreszeit sind die Werte bei dieser Berechnung wegen des tiefen Sonnenstandes i.d.R. schlechter, aber für unsere Zwecke genügt die Genauigkeit. Als Richtwert für eine schöne Wildwiese sollte 0,5 nicht unterschritten werden. Je heller und je länger hell, desto besser. Weiter unten kommen wir auf diesen Faktor nochmal zurück, wenn es um die Maßnahmen geht und ggf. die Saatgutauswahl.
Untergrund
Stickstoffreicher Boden: (Nitrophyten) Große Brennnessel, Kletten-Labkraut,Melde, Vogelmiere, Scharfer Hahnenfuß, Schwarzer Holunder
nach Wikipedia
Stickstoffarmer Boden: Scharfer Mauerpfeffer
Saurer Boden: Besenheide, Weiches Honiggras, Kleiner Sauerampfer, Heidelbeere
Basischer (Alkalischer) Boden: Gewöhnliche Pechnelke, Echter Wundklee
Kalkhaltiger Boden: Kuhschelle, Acker-Rittersporn
Feuchter Boden: Kohldistel, Trollblume
Staunässe: Acker-Schachtelhalm, Ackerminze, Huflattich
Salzboden: (Salzpflanzen), Queller
Sandboden: Sand-Segge
Verdichteter Boden: Breitwegerich, Kriechender Hahnenfuß, Gemeine Quecke, Gänsefingerkraut
Schwermetallhaltiger Boden: Galmeiflora, Schwermetallrasen
Lichtzeiger: Gelbes Sonnenröschen
Schattenzeiger: Sauerklee
Dem Untergrund kommt nun eine besondere Bedeutung zu, denn nicht alle Pflanzen wachsen auf jedem Untergrund. Für unsere Zwecke müssen wir es aber nicht allzu genau wissen. Normalerweise ist der Untergrund im Garten der gleiche wie in der Umgebung natürlich vorkommend, aber man sollte einmal mit dem Spaten ca. 40cm tief graben, um nachzusehen, was dort liegt. Wurde beispielsweise einmal eine dicke Schicht Mutterboden aufgetragen, dann spielt der natürliche Untergrund für Gräser und Blühpflanzen schon fast keine Rolle mehr. Durch das Aufgraben findet man auch heraus, ob der Boden eher durchlässig ist, eher leicht oder eher schwer. Eine Bodenanalyse müsst ihr aber für das Vorhaben Wildwiese nicht durchführen. Am treffendsten charakterisiert man den Boden über die sogenannten Zeigerarten bei den Pflanzen. Hierzu lassen wir die Fläche in der Vegetationsperiode 3-6 Wochen in Ruhe wachsen, ohne zu mähen. Nun halten wir Ausschau, ob bereits einige der Zeigerarten dort wachsen. Wachsen Brennnesseln, dann kann man zu 100% davon ausgehen, dass die Stickstoffversorgung sehr hoch ist. Das ist einfach! Bei der Diskriminierung von saurem oder kalkhaltigem Boden wird es schon etwas schwieriger. Lebt man in einem Kalkgebiet, ist natürlich naheliegend, dass der Boden auch im Garten eher kalkhaltig ist und analog in einem Sandgebiet eher sauer. Die Bestimmung über die Zeigerarten sagt uns aber viel genauer, wie es mit der konkreten Fläche bestellt ist. Je nach Bewirtschaftung und Nutzung kann sich der Boden stark verändert haben.
Viele gute Samenmischungen für naturnahe Wiesen und Rasen kann man bereits gut auswählen, wenn man weiß, ob die Fläche kalkhaltig ist oder nicht. Ob sie eher feucht, trocken oder wechselfeucht ist. Aber dazu kommen wir später.
Kommen wir mit den Zeigerarten überhaupt nicht zurecht, weil vielleicht keine davon auf der Fläche zu finden ist, hilft noch eine Bodenprobe, die man in einem Labor anfertigen lassen kann. Mehr Spaß macht aber auf jeden Fall die Kartierung der Pflanzen auf der ausgewählten Fläche, denn so kennen wir schon einmal die Ausgangslage ganz genau und vielleicht ist das, was dort wächst ja schon fast das, was wir später haben möchten und was sowieso sehr gut zum Standort passt. Beginnen wir auf einem englischen Rasen, so ist das leider auch nach 6 Wochen noch nicht so.
Nährstoffversorgung
Je ärmer an Nährstoffen der Boden ist, desto höher ist die dort erreichbare Artenvielfalt und desto mehr Spaß und weniger Arbeit macht unsere Wildwiese!
Wir düngen NIEMALS!
Stickstoffzeiger (in Klammern wird die
nach Wikipedia
Stickstoffzahl nach Ellenberg angegeben): Große Brennnessel (8), Brombeere (6), Großes Springkraut, Kleines Springkraut (6), Gewöhnlicher Löwenzahn (8), Wiesen-Sauerampfer (8), Ackerkratzdistel (7), Schwarzer Holunder (9), Knoblauchsrauke (9), Weißer Steinklee, Echter Steinklee, Kletten-Labkraut (8), Kerbel, Melde, Vogelmiere (8), Kreuzkraut, Wiesenbärenklau, Krause Distel (9), Roter Holunder (8), Gewöhnliche Kratzdistel (8), Hundszunge (8), Gundermann (7), Echte Nelkenwurz (7), Zarter Mauerlattich (6), Rote Zaunrübe (6), Bittersüßer Nachtschatten (8), Echter Wurmfarn (6), Breitblättriger Dornfarn (7).
Der aktuellen Nährstoffversorgung müssen wir etwas mehr Augenmerk schenken. Ein gut gepflegter englischer Rasen, in dem kaum Moos wächst und nur das eine "Gras" wächst, brauchen wir aber gar nicht erst so genau zu untersuchen - wir können eine hohe Nährstoffversorgung annehmen. Die Nährstoffversorgung ist nun mit der entscheidendste Faktor für die Planung. Denn davon hängt ab, was möglich ist und welche Maßnahmen zur Nährstoffreduzierung getroffen werden sollen. Wenn ein oder mehrere Stickstoffzeiger auf der Fläche in Anzahl gedeihen, dann hat man für eine schöne blütenreiche Wildwiese zu viel des Guten im Boden. Wir wählen daher auf keinen Fall Flächen aus, die über Jahrzehnte unter einem Misthaufen oder Komposthaufen lagen - es sei denn, wir wollen mit dem Bagger die oberen Erdschichten gleich ganz abtragen und durch mageres Substrat ersetzen.
Die Stickstoffzahl nach Ellenberg ist ein Anhaltspunkt, wie nährstoffreich der Untergrund ist. Achtet aber auch auf den Wuchs! Sind die Brennnesseln nur sehr klein und wenige, dann steckt weniger "Kraft" im Boden als an Standorten, wo sie zur gleichen Zeit mannshoch und dicht wachsen. Wächst auf der Fläche sogar der Scharfe Mauerpfeffer, dann wüssten wir, dass es sich um einen sehr mageren und damit idealen Standort für die meisten Wildwiesen handelt. Ihr könnt auch im Anhang nachschauen, was auf den verschiedenen Standorten gut ausgesät werden kann - das kann man auch umgekehrt interpretieren: Skabiosen oder Karthäusernelke beispielsweise werden kaum mit Brennnesseln zusammen wachsen und es handelt sich somit um einen eher mageren Standort. Für die weitere Planung genügt uns eine grobe Einschätzung nach folgendem Schema:
- ++ = sehr nährstoffreich: Stickstoffzeiger sind zahlreich vertreten, Pflanzen sind sehr wüchsig und kräftig. Das Gras wächst sehr schnell, ist relativ dunkel und muss oft gemäht werden.
- + = nährstoffreich: Einzelne Stickstoffzeiger kommen vor, wachsen aber nicht in Dominanzbeständen. Neben Gras wachsen eine Reihe weiterer krautiger Pflanzen. Oder es handelt sich um einen relativ gut gepflegten englischen Rasen oder einen Spielrasen, der regelmäßig gemäht werden musste.
- 0 = "normal": Kaum Stickstoffzeiger bzw. nur in mickrigen Exemplaren. Im Vergleich zum gut gepflegten Rasen eines Nachbarn kommen wir mit der Hälfte der Mähvorgänge aus. Es wachsen vielleicht Schlüsselblumen, Margeriten, Gänseblümchen u.ä. Der Krautanteil ist höher.
- - = nährstoffarm: Der Krautanteil ist vergleichsweise hoch, es wachsen keine Stickstoffzeiger. Wir finden Magerkeitszeiger wie Thymian, Kleines Habichtskraut, Augentrost, Blutwurz, Leimkraut, Mittlerer Wegerich, Rauer Löwenzahn (Gräser: Rot-Schwingel, Rot-Straußgras, Wiesen-Ruchgras, Wiesen-Hainsimse, Zittergras, Bürstling)
- -- = sehr nährstoffarm: Zeigerarten wie vor, hoher Krautanteil, weniger Gräser, lückig, Moos. Scharfer Mauerpfeffer?
Wie gesagt, es geht nur um eine grobe Einordnung. Wer es lieber genauer haben möchte, lässt eine Bodenprobe im Labor machen. Außer bei den sehr nährstoffreichen Flächen kommen wir später mit Maßnahmen aus, die eher auf eine Evolution/Entwicklung der Fläche hinauslaufen, als dass ein Austausch der Erde erforderlich wäre.
Artinventar
Jetzt wissen wir schon eine Menge über die Fläche, die einmal eine wunderschöne Wildwiese werden soll! Ich meine aber, es ist auch wichtig zu wissen, welche Lebewesen und Pflanzen sich dort bereits zu hause fühlen. Natürlich kann nicht jeder eine faunistisch-floristische Aufnahme fachmännisch durchführen und das wollen wir hier auch nicht verlangen. Aber ein wenig Zeit sollten wir hier noch aufwenden. Wir haben uns ja schon mit den Zeigerarten beschäftigt und daher kennen wir vielleicht schon einige Pflanzen, die dort wachsen. Schauen wir noch genauer hin - wächst dort nur "Gras"? Gibt es schon schöne Blumen dort? Also versuchen wir wenigstens einige davon zu bestimmen. Sehr schade wäre es doch, wenn auf der Fläche Orchideen wuchsen, bevor Sie mit dem Bagger angerückt sind! Es geht hier auch und vor allem darum, dass Sie sich aktiv mit der Materie auseinandersetzen und etwas über die Natur in Ihrem Garten lernen, bevor Sie eingreifen. Ein günstiges Bestimmungsbuch für den Anfang ist der Kosmos Naturführer "Was blüht denn da? Natürlich sind da längst nicht alle Arten drin und ein Spezialist kann mit diesem Buch nicht so viel anfangen - aber für unseren Zweck und das erste Hereinfinden genügt es vollauf.
Bei der Inventarisierung beispielsweise der Schmetterlingen empfehle ich Schmetterlinge, Die Tagfalter Deutschlands. Nehmen wir uns beispielsweise einen Nachmittag bei schönem Wetter zwischen Mitte Mai und Mitte Juli etwas Zeit und setzen uns mit dem Klappstuhl in die Fläche und beobachten einfach was da so an Schmetterlingen und anderen Tieren vorbeikommt. Vielleicht gibt es ja schon den ein oder anderen Bläuling? Natürlich können wir nicht alles aufzeichnen, aber je mehr wir beobachten, desto mehr entdecken wir und schließlich wollen wir ja auch den Erfolg unserer Bemühungen später einmal sehen und feststellen können. Vielleicht werdet ihr ja sogar bald schon Tagfalter-Monitorer bei tagfalter-monitoring.de? Dort erhaltet ihr auch wichtige Information zur Vorgehensweise und Bestimmungsmaterial.
Teil 2 - Umsetzung
Kernstück unseres Naturgartens und Lebensraum für viele Schmetterlinge
Nun geht es an die Umsetzung unserer Wildwiesenträume. Mit Hilfe der erhobenen Daten über den Untergrund, die Besonnung und ein wenig auch mit dem Artinventar machen wir uns an die Arbeit. Die Möglichkeiten sind sehr vielfältig und ich kann in diesem Artikel natürlich nicht alle Spielarten beschreiben. Wir wollen mit Präferenz immer den evolutionären Weg gehen und unsere Wildwiese sukzessive verbessern.
Sofern wir nicht eine sehr nährstoffreiche Fläche verändern wollen, können wir in kleineren oder größeren Schritten vorgehen. Dabei berücksichtigen wir bei der Einsat den Standort (Untergrund, Besonnung, Nährstoffe im Boden). Abhängig vom Närstoffgehalt des Bodens müssen wir Maßnahmen zum Ausmagern ergreifen und schlussendlich muss auch eine Wildwiese gepflegt werden. Denn würden wir überhaupt keine Pflege vornehmen, so würden bald Gehölze die Fläche erobern. Wir vergegenwärtigen uns nochmal, dass weniger Nährstoffe mehr Artenvielfalt und langfristig weniger Arbeit bedeuten.
Zu den Profiteuren einer schönen Wildwiese gehören eine ganze Vielzahl schöner Falter. Ob Sie gleich das Glück haben werden, dass der Goldene Scheckenfalter (1. Bild) sich bei Ihnen einstellt, kann bezweifelt werden. Der Weißklee-Gelbling kann aber mit einiger Sicherheit beobachtet werden. Eine ganze Reihe verschiedener Bläulingsarten kann sich einfinden. Natürlich aber auch Dickköpfe und der Schwalbenschwanz! Im Dritten Teil der Wildwiesen-Serie werden einige dieser Arten behandelt.
Nährstoffentzug
Beginnen wir mit dem Grundproblem auf den allermeisten Flächen. Dass heute fast alle Flächen übermäßig mit Nährstoffen versorgt (eutrophiert) sind, hängt mit den Emissionen aus der Luft zusammen und in vielen Fällen auch die vorausgegangene Nutzung der Fläche. Eutrophierung ist eines der schwerwiegendsten Umweltprobleme und ein Nummer 1 - Kandidat als Aussterbeursache vieler Arten. Schuld daran ist v.a. die immer intensivere Landwirtschaft. Daher ist es besonders wichtig, dass wir in unseren Gärten Ausgleich dadurch schaffen, dass wir die Flächen möglichst ausmagern. Der Nährstoffentzug kann auf folgende Weise erfolgen:
Ausmagern durch Mähen und Abtransport des Grünschnitts
Obwohl auch bei vielen Naturschützern Magerwiesen das große
nach nabu.de
Schönheitsideal sind, muss sich kein Gartenbesitzer grämen, wenn es
„nur" zur sogenannten Fettwiese mit Schafgarbe, Hahnenfuß und
Schaumkraut reicht. Inzwischen sind in der Agrarlandschaft mit ihren
dichten Grasdschungeln auch blütenreiche Fettwiesen selten geworden.
Keine Wiese kommt ganz ohne Mähen aus! Wir sollten es uns aber unbedingt zur Gewohnheit machen, den Grünschnitt von der Fläche zu entfernen, sobald er abgetrocknet ist - so geben wir den Raupen Gelegenheit, vom Grünschnitt herunterzuklettern. Je nach Größe der Fläche mähen wir mit Sense oder Balkenmäher! Kreiselmäher oder gar Mulchmäher sind wahrhaftige Massenvernichtungswaffen für die Kleinlebewesen in unserer Wildwiese und wir verwenden sie nur in Ausnahmefällen. Wir mähen auch niemals die gesamte Fläche in einem Durchgang, sondern lassen immer mindestens 30% stehen, damit Schmetterlinge und andere Bewohner der Wiese ein Refugium behalten. Durch Mähen magert und Abtragen des Grünschnitts magert man die Flächen zwangsläufig aus - dieser Vorgang geht aber recht langsam vonstatten. Insofern kann man sich auf sehr nährstoffreichen Wiesen diese Maßnahme fast sparen, so lange man nicht andere - schnellere und effektivere - Maßnahmen ergriffen hat; es würde sonst Jahre dauern, bevor die Fläche halbwegs unserem Anspruch entspricht. Weiter unten bei Pflege werden Tipps gegeben, wie, wann und wie oft das Mähen erfolgen sollte.
Ihr werdet beobachten können, wie eine so bearbeitete Fläche immer blüten- und krautreicher wird.
Plaggen
Diese Maßnahme eignet sich besonders, wenn wir nicht großflächig aktiv werden wollen, weil wir vielleicht schon Bereiche haben, die schon sehr blütenreich sind oder gar schon einige Tiere dort ein Zuhause gefunden haben (Artinventar!). Selbstverständlich plaggen wir nicht die Bereiche, in denen eh schon unsere Zielarten wachsen - hier ist das Mähen zum weiteren Ausmagern ausreichend. Wir brauchen eine stabile Gartenhacke. Mit dieser schlagen wir nun die Grasnarbe aus dem Erdreich und transportieren diese ab. An anderer Stelle im Garten kann sie ggf. zur Strukturierung anderer Elemente - z.B. einer Benjeshecke verwendet werden. Die Fläche die wir bearbeiten, kann recht klein sein und wir können immer wieder neue Stellen auf diese Weise bearbeiten. Selbstverständlich bearbeiten wir niemals die ganze Fläche zur gleichen Zeit. Ein natürliches Regulativ vor zu viel Arbeitswut sind aber bald schon die Blasen an den Händen. Die entstandene Rohbodenfläche decken wir nun mit sehr magerem Sand oder Kies ab. Eine Einsaat mit den gewünschten Zielarten bietet sich nun an. Wir sollten allerdings bedenken, dass wir die Triebe und Samen der Pflanzen, die hier standen nicht vollständig entfernt haben und natürlich die Einsaat sehr konkurrenzschwacher Arten nicht unbedingt gleich zum Erfolg führt. Solche frisch bearbeiteten Stellen mit Rohboden sind besonders attraktiv als Larvalhabitat für eine ganze Reihe von Tagfaltern wie z.B. den Schwalbenschwanz, den Kleinen Feuerfalter, aber auch eine Reihe weiterer Bläulinge und Scheckenfalter bevorzugen solche Stellen. Je tiefer wir aushacken, desto besser ist der Effekt bis wir schlussendlich zur nächsten Maßnahme kommen.
Erdreich austauschen
Die wohl effektivste und schnellste Methode, die Fläche auszumagern und damit blüten- und artenreich zu entwickeln, ist, das Erdreich bis ca. 40cm Tiefe komplett auszutauschen. Dies können wir bei der Anlage der Wildwiese großflächig mit schwerem Gerät (Bagger) bewerkstelligen, wenn wir z.B. sehr nährstoffreichen Boden vorgefunden haben. Das wäre die Ultima-Ratio. Wir wollen uns hier aber darauf beschränken, das sukzessive und nur für kleinere Teilflächen zu tun, um den Lebensraum nicht allzu sehr zu beeinträchtigen. Insbesondere dann, wenn das Artinventar schon mehr hergibt, als jenes des englischen Rasens unseres Nachbars. Die Flächen sollten aber, damit der Effekt nachhaltiger ist, nicht kleiner als 1 m2 sein. Wir stechen den Rasen also etwa 30-40cm Tiefe aus und transportieren die Erdmasse ab, um sie an anderer Stelle im Garten zur Strukturierung des Geländes zu verwenden (diese können dann später ebenfalls mit magerem Material abgedeckt werden). Das entstandene Loch füllen wir mit magerem Sand oder Kies. Der wesentliche Unterschied zur zuvor beschriebenen Methode ist, dass diesmal die bearbeitete Fläche quasi erst von Pflanzen erobert werden muss. Hierbei können wir nachhelfen, indem wir einsäen oder Pflanzen eingraben. Selbst sehr konkurrenzschwache Arten haben bei dieser Methode eine gute Chance.
Kleinflächig kann man theoretisch auch gebietsfremdes Material einbringen - da es sich schließlich immer noch um einen Garten handelt und in Gärten auch das Anpflanzen fremdländischen Friedhofsgrüns als hoffähig gilt, wollen wir dies hier auch nicht grundsätzlich verteufeln. Ich selbst habe mir eine Kalkinsel geschaffen, die jedoch nicht als Wiese, sondern eher als Kalkschuttwüste aufgebaut ist und etliche Trockenmauer-Aufbauten besitzt. Der Untergrund wurde vorher mittels einem Flies abgedeckt. Obwohl ich in einem Sandgebiet lebe, habe ich mir diesen Luxus auf einer Fläche von 60 m2 gegönnt (das nächste Kalkgebiet ist allerdings auch keine 2km Luftlinie entfernt). Man möge es mir verzeihen.
Einbringen parasitischer Pflanzen
Diese Maßnahme eignet sich besonders, wenn die Fläche schon einigermaßen entwickelt ist und Stickstoffzeiger selten sind. Zur Einsaat eignet sich die Halbschmarotzer der [[Klappertöpfe]]. Suchen Sie das Saatgut möglichst in ihrer Umgebung auf dem gleichen Untergrund. Streng genommen magern die Klappertöpfe die Fläche nicht aus, sondern entziehen den anderen Pflanzen die Nährstoffe direkt aus der Wurzel. Dies machen sie meiner unfachmännischen Meinung nach aber recht selektiv, denn Orchideen und andere Pflanzen, die gerne auf mageren Flächen wachsen, kommen gut mit ihnen klar. Meiner Erfahrung nach funktioniert es besonders gut zusammen mit Wundklee - diese beiden Arten kommen dann oft bestandsbildend gemeinsam vor. Am Echten Wundklee lebt beispielsweise der Zerg-Bläuling, {{Cupido minimus}}.
Aufbringen einer Sand- oder Kiesschicht
Wir locken den Kleinen Feuerfalter in unseren Garten!
Diese Maßnahme ist im Grunde selbsterklärend. Je mehr man vom mageren Material aufträgt, desto besser der Effekt. Dies kann kleinflächig oder großflächig geschehen. Bei der kleinflächigen Anwendung sollte aber abhängig von der gewählten Mähmethode darauf geachtet werden, dass das Gelände nicht unmähbar strukturiert wird. Als Substrate eignen sich Kies, gelber Sand oder auch feiner Kalkschotter. Wenn Sie in einem Sandgebiet leben mit eher sauren Böden, dann sollte nicht einfach eine Kalkschicht aufgetragen werden! Dies kann im Sinne des Ausmagerns einen kontraproduktiven Effekt haben. Haben Sie aber eh einen kalkhaltigen Untergrund, dann kann das Auftragen einer durchlässigen feinen Kalkschotterschicht wahre Wunder bewirken.
Einige weitere Methoden, wie Störstellen geschaffen werden, sind im Artikel Wir locken den Kleinen Feuerfalter in unseren Garten beschrieben.
Einsäen
Wiesenpflanzen
Schmetterlinge Die Tagfalter Deutschlands - Schmetterlingsforum - Blog und Austauschplatform
Blumenwiesen :: Syringa Pflanzen
Willkommen bei der Rieger-Hofmann GmbH
Wildpflanzensaatgut: Naturgarten e.V.
Gib deinen Text hier ein ...
Wenn man nicht eh schon eine hochwertige Wildwiese pflegt, wird man sicher bzgl. Artenvielfalt durch Einsäen verschiedener Pflanzen nachhelfen wollen. Dies kann sehr kleinflächig z.B. auf Maulwurfshügeln erfolgen, die man zu diesem Zweck auch eben ziehen kann. Man kann Inseln ausschachten, dort das Erdreich durch mageren Sand/Kies austauschen und dort einsäen oder auch pflanzen. Alle Ausmagermaßnahmen mit Ausnahme des Mähens bieten gleichzeitig die Möglichkeit des Einsäens, wobei der durchschlagendste Erfolg sich sicher beim vollständigen Austausch der Erde einstellt. Je nach gewählten Pflanzenarten kann dieser Erfolg aber auch nur von kurzer Dauer sein. Im ersten Jahr schaffen es die Pionierpflanzen, in den nächsten Jahren setzen sich andere Arten anteilsmäßig natürlich stärker durch, bis sich ein Gleichgewicht einstellt, welches immer wieder durch punktuelle Maßnahmen gezielt gestört werden sollte (siehe Nährstoffentzug).
Das Einsäen direkt in die Grasnarbe funktioniert normalerweise nicht - sehr wohl aber das Pflanzen. So können beispielsweise Schlüsselblumen leicht in den bestehenden Rasen eingesetzt werden. Gesät wird im Herbst oder im zeitigen Frühjahr. Dabei kann man Saatmischungen (siehe Links) verwenden oder selbst Saatgut der gewünschten Pflanzen sammeln. Welche Pflanzen zu welchem Standort passen, könnt ihr für eine Auswahl von Pflanzen über den Downloadlink rechts erfahren. Selbstverständlich können auch weitere Pflanzen ausgesät werden, sofern es standortgerecht ist. Insbesondere evtl. benötigte Wirtspflanzen für bestimmte Schmetterlinge können fast beliebig ergänzt werden. Der Bedarf an Saugpflanzen ist i.d.R. mit den angeführten Standortmischungen mehr als gedeckt.
Man darf nicht annehmen, dass alle Pflanzen, die in einer Saatmischung enthalten sind, sich auch am Standort durchsetzen werden. Auf einer Fläche, auf der kürzlich noch Brennnesseln wuchsen, wird sich kaum etwas aus einer Trockenrasenmischung durchsetzen können!
Eine hervorragende Zusammenstellung von Wirtspflanzen - das sind jene, an denen die Eier abgelegt werden und an die Raupen danach fressen - befindet sich in Schmetterlinge Die Tagfalter Deutschlands.
Pflege
NBL 16 Wildwiesen 0607
Die Pflege unserer Wildwiese - das ist ein Versprechen - macht weniger Arbeit als der kurzgeschorene Rasen. Dennoch müssen wir von Zeit zu Zeit mähen. Hier gilt, dass fettere/nährstoffreichere Wiesen öfter gemäht werden müssen und magere seltener.
In unten angefügter Tabelle habe ich einen Vorschlag gemacht, wie das Mahdregime in einer einzelnen Wildwiese aussehen könnte. Das Mähgut ist immer zu entfernen und auf den Komposthaufen zu bringen.
Neben dem Mähen sind kleinflächige Störstellen regelmäßig zu schaffen, damit die Dynamik in die Entwicklung der Lebensgemeinschaft Wildwiese erhalten bleibt - davon profitieren insbesondere konkurrenzschwache Pflanzen. Dies machen wir sowieso schon, wenn wir etwas einsäen wollen. Folgende Möglichkeiten wirken sich sehr gut aus, wenn es um die Attraktivität als Larvalhabitat geht (Stellen mit Rohboden und kleine krüppelige Wirtspflanzen werden von vielen Schmetterlingsarten bevorzugt);
- Maulwurfshügel
- Kleinere Feuerstellen
- Steinhügel
- Plaggen (Entfernen der Rasensohle mit der Hacke)
- Lagern von Brennholz, das später wieder entfernt wird - so entstehen vegetationsfreie Stellen, die wieder neu besiedelt werden können
- Totholz
- ...
Eine Alternative zur Mahd ist die Beweidung mit Schafen oder Ziegen. Hierauf wollen wir aber hier nicht speziell eingehen. Selbstverständlich darf nie die gesamte Fläche beweidet werden, wenn wir eine blüten- und artenreiche Wildwiese haben wollen, denn die Blütenköpfe schmecken am besten! Eine Ausnahme bilden Thymian und Dost, welche zumindest vom Schaf konsequent gemieden werden. Aus diesem Grund sind es oft die Schafweiden, welche besonders reich an Thymian sind.
Von Störstellen profitieren auf unterschiedliche Weise u.a. folgende beiden Arten, zu denen schon Anleitungen geschrieben wurden:
Wir locken den Schwalbenschwanz in unseren Garten!
Wir locken den Aurorafalter in den Garten
Wir locken den Kleinen Feuerfalter in unseren Garten!
Erfolgskontrolle
Wie wir feststellen, ob unsere Wildwiese ein voller Erfolg war und Tipps zur Beobachtung einzelner Arten folgen im Dritten Teil dieser Serie zu einem späteren Zeitpunkt!