Von Ronny Strätling auf Samstag, 06. Juli 2019
Kategorie: Ideen und Anleitungen für den Garten

Mein liebster Gärtner: Der Maulwurf

Wer einen Maulwurf im Garten hat, dem gehen am ehesten Google-Anfragen durch den Kopf; etwa "Wie werde ich den Maulwurf los?". Ich als Naturgartengärtner möchte aber eine Lanze für diesen exquisiten Helfer brechen!  

Keine Frage, auf einem Englischen Rasen machen sich die Maulwurfshügel nicht sehr gut. Die einheitliche grüne Fläche wird optisch gestört. Der Ball rollt nicht mehr so sauber und hineintreten möchte man in den Haufen auch nicht. Dann gibt es auch noch Tiere, wie z.B. den Fuchs, die ihren Haufen mit Vorliebe auf die Spitze des Maulwurfshaufens legen. Das ist die Gelegenheit für den Freund des Englischen Rasens, sich auch den Fuchsbandwurm einzufangen. Es kann vermutet werden, dass durch das Ausmähen solcher Haufen-Haufen bei trockener Witterung die Eier des Fuchsbandwurms in der Luft verwirbelt werden und in Folge eingeatmet werden. 

Mir freilich kann solcherlei nicht widerfahren. Zwar habe ich genügend Maulwürfe, doch den Englischen Rasen gibt es bei mir nicht. Noch einen Mäher mit einem Insekten-Kreiselschredder. 

 Naturgärtnern und Maulwurf arbeiten Hand in Hand...

Was macht den Maulwurf nun so wertvoll für mich? Die Flächen, die ich zu meinem Garten zähle, befinden sich auf magerem, recht saurem Buntsandstein. Die Pflanzengesellschaft, welche sich hier im Gleichgewicht einstellt, ist nicht unbedingt blütenreich und auch nicht sehr artenreich. Typische Blühpflanzen sind das Weiße Labkraut (Galium album), Echtes Labkraut (Galium verum), Gewöhnlicher Hornklee (Lotus corniculatus), der Hasen-Klee (Trifolium arvense), die Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea), Echter Dost (Origanum vulgare), etwas Sand-Thymian (Thymus serpyllum), Wilde Möhre (Daucus carota), Jakobs-Greiskraut (Senecio jacobaea) und Echtes Johanniskraut (Hypericum perforatum). Früher im Jahr sind es überwiegend der Scharfe Hahnenfuß (Ranunculus acris) und das Kriechende Fingerkraut (Potentilla reptans). Das genügt schon, um einige Falter anzulocken und zumindest die Wilde Möhre (Schwalbenschwanz) und der Gewöhnliche Hornklee (Argus-Bläuling) werden jedes Jahr als Wirtspflanzen intensiv genutzt. 

Zunächst ging ich davon aus, dass so potente Schmetterlingsmagneten wie die Tauben-Skabiose (Scabiosa columbaria) auf dem sauren Grund nicht gedeihen würden. Sie waren also zunächst ausschließlich auf dem Kalkschutt anzutreffen, wo ich sie ausgesät hatte. Mehr zufällig sehe ich aber schon im ersten Jahr danach, dass einige sich im umgebenen Sandmagerrasen ausgesät hatten und im Grunde dort ganz gut gediehen. Und zwar entwickelten sich die Pflänzchen auf den Störstellen, die mein Meistergärtner, der Maulwurf, hinterlassen hatte. Das war für mich der Anlass, das auf der Fläche auszuprobieren! Ich sammelte große Mengen Skabiosensamen und Samen von Echtem Wundklee (Anthyllis vulneraria) im Kalkbereich. Später sollte noch Sand-Thymian (Thymus serpyllum) folgen. 

Die Methode ist einfach und macht kaum Arbeit. Möchte man die Fläche eh hin und wieder mähen (z.B. mit der Sense oder dem Balkenmäher), so ist es eh sinnvoll, die Maulwurfshaufen einzuebnen. Die Störstellen, die so entstehen sind ohnehin erstklassige Larvalhabitate, denn viele Falter, wie beispielsweise der Kleine Feuerfalter bevorzugen solch exponierte Stellen. Nun ebne ich aber die Haufen nicht einfach ein, sondern werfe vorher immer eine Mischung von Samen darauf. Mit dieser einfachen Methode habe ich es geschafft, dass fast auf der gesamten Fläche nun Taubenskabiose und Wundklee wächst. Das dankt mir nicht zuletzt der Goldene Scheckenfalter, Euphydryas aurinia, der  in manchen Jahren hier sogar eine kleine Population aufbauen kann. Weitere Arten folgen schon aufgrund der unwiderstehlichen Wirkung der Taubenskabiose als Nektarpflanze. Die so angelockten Falter finden bald auch die Larvalhabitate und können sich dort reproduzieren. So beispielsweise Fabriciana adippe, der Feurige Perlmuttfalter oder Melitaea cinxia, der Wegerich-Scheckenfalter. Beide sind 2019 neben Plebejus argus die top-Gewinner. Am Wundklee bilden der Zwergbläuling (Cupido minimus) seit nunmehr 4 Jahren zwei Generationen auf der Fläche. Die zweite Generation ist immer etwas schwächer, da dann nur noch wenige frisch blühende Wundkleepflanzen vorhanden sind. Als Fernziel könnte auf der Fläche gelten, dem Quendel-Ameisenbläuling (Phengaris arion) einen Lebensraum zu bieten. Die Ameisen (Myrmica sabuleti) sind bereits da, jedoch ist die geeignete Fläche mit knapp 5000m2 vermutlich etwas zu klein. Die Verbreitung des Quendels auf der Fläche scheint mir aber deutlich schlechter zu gelingen als bei Skabiose. Das mag aber am Saatgut liegen, das ich einkaufe, weil die Ernte der Samen doch etwas mühsam ist. 

Ein weiterer Aspekt, der wichtig ist: Auf Teilen der Fläche ist die Nährstoffversorgung und im Sommer auch die Wasserversorgung derart schwach, dass viele Pflanzen Kümmerwuchs zeigen (durchaus so gewünscht!). Es breiten sich überdies Moose aus (durchaus so gewünscht). Der Maulwurf ist nun derjenige, der selbst in diesen Bereichen noch für Strukturreichtum sorgt und dadurch erhalten Pflanzen eine Chance, die hier sonst keine mehr hätten. Das Weiße Labkraut und Wilde Möhre währen wohl die einzigen Pflanzen, die hier noch blühen. Die Wiesenflockenblume wird hier gerade mal noch 20 cm hoch. Auf einem frischen Maulwurfshaufen jedoch entwickeln sich bis zum nächsten Jahr ganz hervorragend Skabiosen, Wundklee, Quendel und Dost. An einen Blättchen Wilder Möhre, welches über einem solchen Maulwurfshaufen hängt, kann im Frühjahr kaum eine Schwalbenschwanz-Dame vorbei fliegen, ohne ein Ei zu hinterlassen. 

 ​Welche Arten profitieren nun direkt oder indirekt von den Maulwurfshügeln?

Die folgenden Arten halten sich in meinem Garten gerade weil der Maulwurf sehr aktiv ist:

Nicht ständig vorhanden, aber mit Reproduktionsnachweisen, seit der Ausbreitung der Taubenskabiose:
Die Gesamtliste der vorkommenden Arten kann hier (Stand 2015) eingesehen werden. ​Ein neuer Bericht wird dieses Jahr folgen. 

Fazit

​Wer zum Ziel hat, einen artenreichen Insekten-Naturgarten zu entwickeln, der muss nicht unbedingt arbeitsintensive Veränderungen durchführen. Ist die Fläche nicht allzu fett und duldet man ein paar Maulwürfe, dann kann man eine Fläche innerhalb eines Jahres deutlich verbessern. Nicht nur die Schmetterlinge werden es Ihnen danken - der Maulwurf und nicht zuletzt Sie selbst werden sich daran erfreuen, wenn alles wunderbar blüht. 

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